Donnerstag, 13. Dezember 2012

Ein Erfahrungsbericht. Folge 1



Internetdating-Portale.... ich bin nun seit 3 Monaten dabei, mit ihnen vergangen, 5 oder 6 Dates.
Die Liebe kann so teuer sein. Das stelle ich in den ersten 30 Minuten fest, als ich mich seriös mit dem Vorhaben umsehe, endlich die große Liebe zu finden. Deswegen ging es zu Finya.de. 7 Millionen Besucher pro Monat und 100% kostenlos. So weit so gut. Anfangs war ich sehr überrascht. Ziemlich gut aussehende und scheinbar noch wortgewitze Männer treiben sich hier rum – das suggerieren zumindest die Profile, die mir von Finya vorgeschlagen werden.

Die ersten Emails sind schlecht. Richtig schlecht. Ich glaube das ist auch der Grund warum ich auf die erste Email mit mehr als 3 zusammenhängenden Sätzen antworte. Eine ganz okaye Unterhaltung beginnt. Vielleicht ist er ein wenig eingebildet, was solls, es ist Spätsommer, wir wohnen nicht weit auseinander und im Nu sitze ich mit meinem ersten Date in einer Bar am Ludwig Kirch Platz. Ähm ja - nicht hässlich aber auch nicht der Typ vom Foto. Der Abend wird trotzdem nett. Sehr lustig und spannend, nachdem ich meine Anspannung abgelegt hatte (nach dem ersten großen Bier). Wir treffen uns ein zweites und letztes Mal - ein wenig mehr Anstrengung mich ins Bett zu bekommen setze ich voraus – achso und Sex ist nicht!

Ich konzentriere mich wieder auf die Emails, versuche angestrengt die Spreu vom Weizen zu trennen und denke ich habe es mit Date Nr. zwei geschafft. Eigentlich müsste ich lernen. Egal, zwei Bier dann nach Hause (so der Plan). Wieder Prenzlauer Berg, wieder eine Bar. Als ich ihn das erste Mal sehe bereue ich es in diesem Moment nicht zu Hause über meinen Büchern zu sitzen. Der Abend wird zwar lang, was aber eher an den Unmengen Bier liegt, die ich innerhalb weniger Stunden in mich schütte. Ein zweites Date – nein danke, ich glaube wir passen nicht zusammen.

Weiter geht’s. Ich lasse mich auf ein Experiment ein. Ich date jemanden der die 39 überschritten hat. Ich sehe es als Experiment und rechtfertige es vor mir und meiner besten Freundin, dass ich das tue um später (jetzt hier) darüber schreiben zu können. Wieder Prenzlauer Berg. Ein bekanntes Lokal. Zuerst laufe ich an ihm vorbei, jeden genaustes in diesem Raum unter die Lupe nehmend und mir die wenigen bekannten Details vor Augen führend, aber ich laufe vorbei. Der kann das nicht sein, der ist zu alt, trägt kein lässiges T-Shirt und hat keine längeren, vollen Haare wie auf dem Bild. Auf meinen gerufenen Namen mit großen Fragezeichen versetzt, wird mir bewusst wie alt er ist. Er ist es doch. Nun ja, aus der Nummer komm ich jetzt eh nicht mehr so schnell raus. Was soll ich denn sagen? Ich kann nicht so dreist und oberflächlich sein und einfach sagen, dass er mir nicht gefällt. Ich glaube jeder hat eine Chance verdient und Äußerlichkeiten sind nicht alles (zumindest will ich nicht, dass mir das jemand ins Gesicht sagt- ich bin abergläubisch und denke ich bekomme alles zurück). Ich bleibe. Wir trinken Wein und der Abend wird ganz nett – nur habe ich das Gefühl auf einmal ein kleines Kind ohne Vergangenheit zu sein. Ich habe das Gefühl das alle meine Geschichten die ich sonst immer von mir gebe sehr langweilig sind, im Gegensatz zu den Storys eines älteren Herren, der schon die ganze Welt bereist hat. Ich sehe wie ihm alle Frauen nachsehen wenn er zur Bar geht. Liegt das an seiner jungen Begleitung oder weil er so einen George Clooney Charme hat? Egal – ich lasse mich nicht beeindrucken, fahre zu einem Freund der Geburtstag feiert und habe für den Rest des Abends eine gute Story. Ein zweites Date gibt es meinerseits nicht. Mir waren seine Absichten bekannt. Frischfleisch! Nicht mit mir.

Date 4 beginnt mit einer wunderschönen Email. Die hat mich berührt, genau wie die folgende Unterhaltung per Email. Sie dauert einen Monat. Die längste bisher. Wieder einmal müsste ich dringend lernen, aber ich lerne vor. Bleibe Nächte hindurch wach und lerne, nur um am Freitag Zeit zu haben. Diese Emails, wenn er nur halb so erzählt wie er schreibt und halb so sympathisch ist. Wir schicken uns Musiklinks. Seine gefallen mir sehr, er mag meine anscheinend auch. Ich höre seine Musik während des Einkaufens, auf dem Fahrrad – ich freue mich wenn ich sie höre. Ich beginne mich mit meinem iPhnone einzuloggen, nur um zu sehen ob er geantwortet hat. Ein Tag. Es liegt fast immer ein Tag zwischen unseren Antworten. Ich halte meine künstlich lang zurück. Vielleicht macht es mich interessanter.
Freitag. Ich bin unendlich aufgeregt. Mache mich schön, aber so dass es aussieht als hätte ich nicht einmal 10 Min. im Bad verbracht. Ich sitze in der U-Bahn, mein Herz schlägt wie wild, ich bin merklich unentspannt, höre Musik und hoffe dass meine Erwartungen nicht schon zu hoch sind.
Da steht er. Vor der Bar. Wieder einmal sieht er anders aus als auf den Fotos. Aber gut anders. Der Abend beginnt etwas verhalten, es braucht aber nur wenige Minuten und wir werden lockerer und trinken Bier. Es ist der typische Spätsommer in Berlin. Er schlägt vor an den Kanal zu gehen. Unter dem Sternenhimmel, die Spree die durch Kreuzberg fließt und wir beide, nah beieinander sitzend und über Gott und die Welt redend - Ich halte diese Romantik kaum aus! Es macht den Anschein, dass wir gegenseitig von einander sehr beeindruckt sind. Wir trinken weiter und wissen, dass wir bald nach Hause müssen. Wir wollen uns aber noch nicht trennen und so kommt es das ich mit zu ihm gehe. In der U-Bahn habe ich dieses Gefühl. Das Gefühl wenn man verliebt ist und sehr stolz darauf, dass der Mann der neben einem steht zu dir gehört. Wir könnten ein verliebtes Paar sein das Freitagnacht lieber gemeinsam nach Hause fährt anstatt sich in Berlins anonymes Nachtleben zu stürzen. Ich bleibe bei ihm und schlafe in seinen Armen ein. Ich fühle mich für einen Moment angekommen. Es fühlt sich richtig an. Samstagmorgen. Wir verabschieden uns und sagen „bis ganz bald“. Ich muss nach Hause, lernen. Wir schreiben uns Emails, wie schön der Abend und das gemeinsame Aufwachen war. Ich überlege was ich ihm zum Geburtstag schenke. Aus Angst ihn mit meiner schnellen Zuneigung zu verschrecken schreibe ich ihm bloß eine SMS. Das ist eine Woche nach dem ersten Treffen. Diese Woche war die schönste seit langem. Die Emails, SMS und das Gefühl, das jemand an dich denkt und dir die Daumen drückt, habe ich vermisst. Eine Woche. Er bedankt sich für die Glückwünsche und meldet sich nie wieder.